Rede des Fraktionsvorsitzenden der SPD Augsburg beim Landesparteitag in der Augsburger Kongresshalle am 11. Mai 2013
Liebe Genossinnen und Genossen,
im Namen der SPD-Fraktion im Augsburger Stadtrat begrüße ich den Vorstand und das Präsidium der Bayern SPD sowie alle Delegierten herzlich in Augsburg. Ich tue dies umso lieber, weil ich weiß, dass viele von Euch ein kommunales Mandat innehaben und somit wichtige Arbeit für die Lebensqualität und den Zusammenhalt in den Städten und Gemeinden leisten, als Gemeinderätinnen, Stadträte, Bürgermeisterinnen oder Landräte.
Für mich war und ist die bayerische SPD die beste und einzig wahre Vertreterin kommunaler Interessen in Bayern, angefangen mit Christian Ude, dem bisherigen Präsidenten des Deutschen Städtetages und Ulrich Maly, dem neuen Präsidenten des bayerischen Städtetages. Wir sind stolz, dass es bayerische SPD-Politiker sind, die für die Interessen der deutschen Städte sprechen. Und wir sind stolz, dass wir in so vielen Städten und Gemeinden Verantwortung tragen.
Augsburg ist die Stadt, in der vor fast 150 Jahren der erste bayerische Ortsverein des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins gegründet wurde. Wir können uns hier also mit Fug und Recht als Wiege der SPD in Bayern bezeichnen. Dessen sind wir uns bewusst und das spornt uns seit jeher an! In dieser Stadt, in der erstmals 1908 Vertreter der SPD in den Stadtrat gewählt wurden und 1919 die SPD erstmals Regierungsverantwortung im Rathaus übernahm. Augsburg ist eine von der Kommunalpolitik der SPD zutiefst geprägte Stadt. Sicher sind vielen von Euch die Namen der SPD-Oberbürgermeister Wolfgang Pepper, Hans Breuer, Paul Wengert ein Begriff, viele von Euch kennen die Tradition meiner Stadt als Arbeiterstadt.
Augsburg ist neben ihrem immensen kulturellen und geschichtlichen Reichtum eine vergleichsweise arme Stadt, die bei allen Indikatoren wie der Alters- und Kinderarmut schlecht abschneidet, deren Steuerkraft gering ist. Es ist eine Stadt, die seit Jahrzehnten einen massiven Wandel erlebt, aber durchgängig – schon in der Frühzeit der Industrialisierung – ein Industriestandort war und geblieben ist. Mit allen Folgen, auch bei der Bevölkerungs- und Einkommensstruktur.
Wir haben über 40 % der Bewohner, die einen sogenannten Migrationshintergrund aufweisen, die also selbst oder über ihre Eltern Wurzeln im fremdsprachigen Ausland aufweisen. Diese und andere Menschen folgten den Lohnangeboten an den Werkbänken, die zwar besser als in ihrer alten Heimat waren, aber für bayerische Verhältnisse weit unterdurchschnittlich sind.
Die vielen zugezogenen Menschen gehören zu Augsburg, nur ist die Politik auf diesen Umstand nicht ausreichend vorbereitet.
Es war die SPD, die in den vergangenen Jahrzehnten nach dem Niedergang der Textilindustrie den Wandel der Stadt zum Hochtechnologie- und Wissenschaftsstandort in die Wege geleitet hat. Es war die SPD, die in den letzten Jahren die Chancen und Probleme der Migration in Augsburg endlich angepackt hat, die Schulen saniert und Ganztagsbetreuung ausgebaut hat. Augsburg ist nicht zuletzt durch die SPD auf einem guten Weg, bei allen bestehenden Problemen.
Leider sind solche wichtige gesamtgesellschaftliche Maßnahmen nicht immer Wahlkampfschlager. Durch falsche Versprechungen der politischen Gegner und den einen oder anderen eigenen Fehler 2008 sind wir momentan – erstmals in dieser Deutlichkeit seit 1945 – im Rathaus auf der Oppositionsbank. Das heißt leider auch, dass viele hoffnungsvoll gestartete Projekte der SPD-Vorgängerregierung nur halbherzig weitergeführt werden, und dann häufig noch reklamiert als Erfolge der CSU, besonders deutlich beim Ausbau des ÖPNV.
Daneben erleben wir seit 2008 eine Serie von Pleiten, Krach und Pannen im Augsburger Rathaus, die ihresgleichen vergeblich sucht. Während wir in der letzten Ratsperiode noch stolz waren, dass Augsburgs ehrenamtliche Sozialpaten oder Stadtteilmütter im Heute-Journal bundesweit gelobt wurden, sind wir mittlerweile froh, wenn Augsburg nicht wieder überregional durch Unfug wie ein „Dönerverbot“ oder ein Eisstadion, in dem man nichts sieht, durch den Kakao gezogen wird.
Wir – die vor 2 Wochen nominierten 60 Stadtratskandidatinnen und Kandidaten der SPD mit mir als Spitzenkandidaten für die kommende Kommunalwahl für 2014 sind gewillt und bereit, dies zu ändern und die Stadt wieder in ein geordnetes und für die Menschen gedeihliches politisches Fahrwasser zu geleiten.
Gründe zur Abwahl der CSU in Augsburg gibt es viele und ich erspare Euch, die lokalen Besonderheiten von Augsburg hier wieder zu geben. Ihr sollt ja einen guten Eindruck von diesem Parteitag in Augsburg mit nach Hause nehmen. Ein Thema aber, womit die örtliche CSU immer wieder wirbt und was mich als überzeugter Augsburger und Demokrat zur Weißglut bringt, ist das vermeintlich gute Verhältnis der örtlichen CSU zur CSU-Staatsregierung in München. Und tatsächlich ist aus München mehrmals Hilfe in finanzieller Not gekommen, weil der Ministerpräsident dem einzigen CSU-OB einer Großstadt immer wieder mit Rettungsschirmen aushelfen musste!
Wenn es der Stadt nützt, warum nicht. Dafür frisst die Stadtregierung im Verhältnis zur Staatsregierung auch regelmäßig Kreide, wenn es um das Alleingelassenwerden der Kommunen in Sachen kommunaler Finanzausgleich, aber auch bei Themen wie Alkohol an Tankstellen, das künftige LEP oder die Verweigerung von Verbesserungen bei der Bahnanbindung geht – Stichworte „Dritte Gleise“ und „Bahnhalt FCA-Stadion“.
Und merkwürdig ist es schon, wenn manche Leute hier in der Stadt jubeln, dass die Sanierung unseres Augsburger kommunalen Theaters künftig vielleicht mit 45 % bezuschusst werden soll, während in Nürnberg der Freistaat selbstverständlich 90 % der Kosten der vergleichbaren Einrichtung trägt.
Auf eine faire Kostenbeteiligung bei unserer Staats- und Stadtbibliothek mussten wir über 100 Jahre warten, auf einen fairen Finanzausgleich bei den kommunalen weiterführenden Schulen warten wir immer noch. Hier fehlen uns jährlich 20 Millionen EUR.
Liebe Genossinnen und Genossen: Allein diese Beispiele zeigen, dass die Landesregierung kein Freund der Stadt Augsburg ist sondern allenfalls des hiesigen Machterhalts. Und dies gilt sicher auch für viele andere Städte und Gemeinden im Land. Und wenn es tatsächlich so sein sollte, dass eine Stadt dann besser dasteht, wenn die Bevölkerung einen Schwarzen statt einem Roten wählt, unabhängig von menschlichen und fachlichen Qualitäten, dann ist dies kein Beleg für eine gute Arbeit sondern ein zusätzliches Argument, dass diese Staatsregierung dringend entsorgt werden muss.
Liebe Genossinnen, eine gute Landespolitik ermöglicht den Kommunen, dass sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Dafür brauchen wir keine Almosen oder CSU-Rettungsschirme sondern eine verlässliche Landespolitik. Wir brauchen keine Landespolitik, die die Kommunen finanziell austrocknet und ab und zu auf dem Servierwagen mit einem Glas Sprudel vorbeifährt.
In der bayerischen Verfassung steht der schöne Satz: Die Selbstverwaltung der Gemeinden dient dem Aufbau der Demokratie in Bayern von unten nach oben. So soll es sein.
Was wir aber im Alltag erleben ist, dass mildtätige Gaben von oben nach unten verteilt werden, je nachdem, ob es parteipolitisch passt oder ob gerade ein Wahltermin ansteht. So wie die CSU-Abgeordneten in einem Graubereich ihre Familienangehörigen mit staatlichen Geldern beschäftigt, so betreibt die CSU-Staatsregierung auch im Zusammenhang mit den Kommunen ein Amigo-System, bei dem mancherorts etwas möglich ist, andernorts aber nicht. Und das aus Gründen, die keiner kennt, die aber an Spezl-Wirtschaft erinnern.
Es ist höchste Zeit, dass auch in Bayern die Städte und Gemeinden ernst genommen werden, im ganzen Land. Wir wollen für die vielen Aufgaben, die uns zugewiesen werden und die wir gerne gewissenhaft übernehmen, das angemessene Geld. Nicht mehr oder weniger. Und wir wollen nicht, dass der Freistaat sich auf Kosten der Gemeinden gesund spart.
Die Bürgerinnen und Bürger, die mit ihrer Stadt und ihrer Gemeinde zufrieden sind, sind auch mit ihrer Demokratie zufrieden. Hier vor Ort bei uns lernen sie ihren Staat kennen, Sozialpolitik, Kultur, Wirtschaftliche Stabilität, Infrastruktur.
Ich wünsche mir einen Ministerpräsidenten Christian Ude, der die kommunale Grundlage unseres Landes so gut kennt wie kaum ein anderer - und ich werde ihn mit allen Augsburger Genossinnen und Genossen unterstützen, damit eine Politik der Klarheit, Sachlichkeit und Beständigkeit in Bayern Einzug hält.
Das ist für uns alle gut, für die Kommunen, für die Region Augsburg, für unser Bayern. Glück auf!